Strahlentherapie: Problem bei unterschiedlichen Protonengeschwindigkeiten

Energieabgabe der Protonen im Wasser

Wie in Abbildung 4 am Beispiel der Energieabgabe von Protonen an Wasser zu erkennen ist, führt eine Geschwindigkeitserhöhung der Protonen zu einer deutlich größeren Eindringtiefe. Bei einer um nur etwa 7% vergrößerten Geschwindigkeit dringen die Protonen gleich etwa 5 cm tiefer ins Gewebe ein. Haben Protonen auch nur sehr kleine Geschwindigkeitsunterschiede, kann der Protonenstrahl in Gewebebereiche eindringen, die nicht mehr zum Tumor gehören und damit wird bisher gesundes Gewebe verletzt.

Eine möglichst genaue Eindringtiefe erfordert eine genau definierte Geschwindigkeit der Protonen.

Damit ergibt sich das physikalische Problem, dass die Geschwindigkeiten der geladenen Teilchen genau gefiltert werden müssen.

1. Bewegung von geladenen Teilchen im elektrischen Querfeld

Innerhalb eines Kondensator wird ein homogenes elektrisches Feld erzeugt. Ein einfach positiv geladenes Teilchen fliegt mit einer Anfangsgeschwindigkeit von v0 in x-Richtung zwischen die geladenen Platten eines Kondensators.

Ion im Kondensator
Abb. 30: Ionen werden durch Kräfte im elektrischen Feld nach unten abgelenkt.

Die Ionen werden nach den Erläuterungen in Kapitel Ablenkung von Ionen so abgelenkt, dass sie wie in Abbildung 30 gezeigt eine parabelförmige Bahn fliegen.

2. Bewegung von geladenen Teilchen im homogenen Magnetfeld

Die Ionen lassen sich aber auch ablenken, wenn kein elektrisches Feld - und damit keine "elektrische" Kraft - zwischen den Platten vorhanden ist. Das ist dann der Fall, wenn die Platten ungeladen sind.

Sie lassen sich durch Lorentzkräfte in einem Magnetfeld ablenken, wenn die magnetische Flussdichte B eine Komponente orthogonal zur Bewegungsrichtung besitzt. In der folgenden Abbildung ist das Magnetfeld B so gerichtet, dass es in die Zeichenebene hinein zeigt. Damit ergibt sich die blau gezeichnete Flugbahn der postiv geladenen Ionen.

Ion im Kondensator
Abb. 31: Ionen werden durch Lorentzkräfte im Magnetfeld abgelenkt.

Das folgende Video zeigt die Änderung der Bahn von Elektronen (blau) im homogenen Magetfeld einer Helmholtzspule bei steigender Stromstärke durch die Spule.

3. Kräftekompensation im Kondensatorraum

Fliegen die geladenen Teilchen von links in den Kondensatorraum, dann zeigen die Kraft Fel durch das elektrische Feld und die Lorentzkraft FL in entgegengesetzte Richtungen. Die "elektrische" Kraft hängt nur von der elektrischen Feldstärke E und der Ionenladung q ab:

Fel = qE

Der Betrag der Lorentzkraft auf ein geladenes Teilchen lässt sich nach der dem Kapitel Gleichung 5 im Kapitel zur Lorentzkraft beschreiben:

FL = qvB•sin(α)

wobei α den Winkel zwischen der Geschwindigkeit v und der magnetischen Flussdichte B angibt. Nur wenn diese beiden Vektoren - wie im Fall Ionenbewegung durch den Kondensator - orthogonal zueinander stehen, wird die Lorentzkraft maximal.

Die Lorentzkraft hängt demnach von der Ionenladung, der magnetischen Flussdichte und der Teilchengeschwindigkeit ab. Der Einfachheit halber wird im Folgenden vorausgesetzt, dass die Vektoren der Flussdichte und der Geschwindigkeit orthogonal aufeinander liegen.

Bei geeigneter Wahl der elektrischen Feldstärke und der magnetischen Flussdichte kompensieren sich gerade beide Kräfte, so dass gilt:

Fel + FL = 0

Demnach sind die Beträge beider Kräfte gleich groß:

qE = qvB

und daraus ergibt sich dann:

E = vB oder für die Geschwindigkeit:

v =
E / B
(1)

Wenn man die elektrische Feldstärke noch durch die am Kondensator mit dem Plattenabstand d anliegende Spannung U ausdrückt:

E =
U / d
und diese Gleichung in (1) einsetzt ergibt sich:

v =
U / Bd
(2)

Nur wenn die Ionen genau diese Geschwindigkeit haben, erfahren sie keine resultierende Kraft bei der Bewegung durch den Kondensatorraum. Nur bei dieser Geschwindigkeit werden die Ionen nicht abgelenkt und können den Kondensator gemäß Abbildung 33 geradlinig passieren.

Ion im Kondensator
Abb. 33: Ionen durchqueren den Kondensator unabgelenkt.

Durch die beiden Blenden L1 und L2 in Abbildung 33 wird verhindert, dass Ionen mit anderen Geschwindigkeiten den Kondensatorraum verlassen können. Deshalb nennt man diese Anordnung auch Geschwindigkeitsfilter oder "Wienfilter".

Diese Zusammenhänge werden auf der Seite der Physikdidaktik der LMU München zum Wienfilter noch einmal sehr anschaulich gemacht

Wienfilter
Abbildung 34: Kräfte auf Ionen durch Lorentzkräfte und elektrische Kräfte im "Wienfilter". Quelle: Didaktik der Physik, LMU München, https://www.didaktik.physik.uni-muenchen.de/elektronenbahnen/b-feld/anwendung/geschwindigkeitsfilter.php (CC BY-NC-ND 3.0 DE)

4. Interaktive Simulation zur Bewegung von Ionen im Wienfilter

Diese Zusammenhänge kann man gut verstehen, wenn man die interaktive Simulation zum Wienfilter von der Leifi-Seite verwendet.

Simulation beim Wienfilter
Abbildung 35: Durch anklicken der Abbildung die Simulation zur Bewegung in gekreuzten Feldern starten. Quelle: Thomas Unkelbach für LEIFI-Physik Joachim Herz Stiftung

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